Bewerbungsgespräch online führen?

Wenn wir ehrlich sind: Es geht nichts über ein Bewerbungsgespräch, bei dem man gemeinsam an einem Tisch sitzt. Es ist schon etwas anderes, mit dem Bewerber wirklich in einem Raum zu sein, ihn nicht nur digital erleben zu können. Aber wie oft bekommt man das heute wirklich noch hin?

Ich habe den Eindruck, dass bei vielen meiner Kunden und auch anderer Dienstleister der Bewerbungsprozess immer komplizierter wird. In meinem Blog habe ich dazu ein selbst erlebtes Beispiel dokumentiert. Im Umkehrschluss haben dadurch die Bewerber in der Regel mehr Termine, die sie wahrnahmen müssen. Und bei den Spritpreisen: Wer fährt heute noch von Karlsruhe nach Gummersbach, nur für ein erstes Vorstellungsgespräch? Bei einem meiner früheren Arbeitgeber wäre diese Weigerung noch ein KO-Kriterium gewesen, aber wie will man heute so noch an Mitarbeiter gelangen?

Ich persönlich finde, dass man die Hürden für ein Bewerbungsgespräch so niedrig wie möglich machen sollte. In meiner Branche geht es meistens auch um die Geschwindigkeit der Prozesse. Wir haben kaum Zeit dafür, lange auf einen Termin zu warten. Für ein erstes Gespräch will ich auch niemanden weit fahren lassen. Es geht noch mal Zeit drauf, das fände ich unhöflich dem Bewerber gegenüber. Wenn alles passt kommt es ja in der Regel zu einem Termin beim Kunden, da kann man sich auch vorher noch persönlich treffen und sich auch persönlich kennenlernen. Dazwischen gibt es viele Möglichkeiten für den weiteren Kontakt mit dem Bewerber. Ich finde, diese vielen “kleinen” Kontakte, die es bei Abstimmungen, Terminvereinbarungen, Profilklärungen und Anderem gibt, geben einen viel besseren Eindruck als der eine lange Termin (oder das psychologische Profil, um noch mal auf meine eigene Erfahrung zurückzugreifen).

Bewerbergespräch gut vorbereiten

digitales Bewerbungsgespräch - ein moderner Baustein bei der Personalgewinnung

Worauf ich auch bei einem digitalen Bewerbungsgespräch achte: Ich präsentiere mich dem Bewerber so, wie er mich auch bei einem Gespräch vor Ort erleben würde. Ich minimiere Ablenkungen, indem ich unter Anderem das Telefon umleite. Eine Tasse Tee darf auch nie fehlen! Ich bereite mich auf das Gespräch genauso vor, wie auf ein physisches Treffen. Dazu nutze ich die Bewerbungsunterlagen, Profile in sozialen Medien und eventuelle Publikationen des Bewerbers.
Dem Bewerbungsgespräch gingen in der Regel schon mehrere Telefonate vorher. Man kann also gleich schon im Thema einsteigen, wenn sich beide Partner im Gespräch eingefunden haben. Wenn ich dabei nach persönlichen Umständen des Bewerbers frage, gebe ich im Gegenzug auch immer persönliche Informationen preis. Am Ende ist es auch eine Vertrauensbasis, die darüber entscheidet, ob ich dem Kunden diesen Bewerber vorstellen möchte oder nicht. Dabei kommt es mir auf die Punkte an, ob der Bewerber erstens von seinen Fähigkeiten auf die Stelle passt und zweitens, ob auch seine Persönlichkeit zum Kunden passt. In der Regel vermittele ich langfristig ausgelegte Stellen, das muss auch für den Bewerber langfristig passen.

Gerade diese Vertrauensbasis ist im digitalen Bewerbungsgespräch schwieriger zu bewerten, als wenn man sich gegenübersitzt. Aber dieses Gespräch ist am Ende auch nur einer der Bausteine, aus dem die Entscheidung abgeleitet wird, ob man gemeinsam an den Kunden herantreten wird – oder halt auch nicht.

Aus meiner Sicht ist das digitale Bewerbungsgespräch ein gute und wichtige Errungenschaft der modernen Personalgewinnung. Sie passt in die Zeit, in der sich auch die Arbeit mehr und mehr dezentralisiert und damit flexibler wird. Und wenn man dafür auf eine Technik zurückgreifen kann, die in der Regel reibungslos funktioniert, gibt es kaum Gründe, die heute noch dagegen sprechen.

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